11 Jahre - 11 Orte

Welterbetag 2021: 11 Jahre - 11 Orte

Seit 2010 gehört die mittelalterliche Klosteranlage Walkenried als ältester Teil zum UNESCO-Welterbe im Harz. Nachdem der 10-jährige Jahrestag Corona-bedingt ausfallen musste, stand im Jahr 2021 das 11-jährige Welterbe-Jubiläum an. 
Auf der Website und bei Facebook wurde dazu unter dem Titel "11 Jahre - 11 Orte" eine Reihe mit vielen interessanten Fakten zu 11 ausgewählten Orten veröffentlicht. 

11. Ort: Das Refektorium - leibliche und geistliche Erquickung

11 Jahre - 11 Orte Refektorium

Der Speisesaal, das Refektorium, war in der Regel einer der schönsten gewölbten Klosterräume. Ursprünglich war er fast doppelt so lang, was an den in der Wand verschwindenden Balkenträgern noch zu erkennen ist. Im Süden grenzte die Großküche an, die gut 300 Klosterzugehörige zu versorgen hatte. Neben dem Refektorium – reficere heißt wiederherstellen – lag die Wärmestube, das Kalefaktorium. Dies war der einzige beheizte Raum des Klosters.
Das Verhalten bei Tisch war bei den Zisterziensern detailliert geregelt. Das Essen war ausgewogen, aber nur gerade so viel, dass der Körper nicht vor Hunger schmerzte.
Neben der leiblichen gab es auch eine geistliche Speise: Ein erbauender Vortrag des Tischlesers. Von einer Kanzel in der Nähe der älteren Mönche wurden biblische und theologische Texte oder Heiligenviten gelesen.

10. Ort: Das Lavatorium - Symbolkraft des Wassers

11 Jahre - 11 Orte Brunnenhaus

Im Brunnenhaus stand einst das Prestigeobjekt Walkenrieds, der berühmte in Bronze gegossene Klosterbrunnen. Am Brunnen wurde das Weihwasser entnommen, hier wuschen sich die Mönche vor jeder Mahlzeit Gesicht und Hände, im Sommer wurden sie zur Ader gelassen. Gegenseitig schnitten sich die Brüder Tonsur und Bart. Die regelmäßige Erneuerung der Tonsur stellte den Bezug zum Mönchsgelübde her, symbolisch bedeutete dies eine zweite Taufe.

9. Ort: Die Fraterie - Großraumbüro des Klosters

11 Jahre - 11 Orte Brüdersaal

Körperliche Arbeiten bedeuteten für die Zisterzienser ebenso Demut vor Gott wie das Beten im Gottesdienst. Handarbeiten, die keiner Werkstatt bedurften wie Spinnen, Nähen, Schnitzen oder Schreiben, wurden im Brüdersaal verrichtet, der Fraterie. Der Studier- und Arbeitsraum der Mönche war eine Art „Großraumbüro“, in dem der Schriftverkehr des Klosters verfasst und Bücher kopiert wurden.

8. Ort: Das Infirmarium - Sorge für die Kranken

11 Jahre - 11 Orte Infirmarium

Durch die Fenster des Brüdersaals sieht man eine kleine Kapelle, die direkt an die östliche Klostermauer stößt. Ihr weiter spitzbogiger Eingang in der Westfassade öffnete sich ursprünglich zu dem heute nicht mehr erhaltenen Infirmarium, dem Krankenhaus der Mönche. Eine Kapelle gehörte notwendig dazu, denn ohne Gottesdienst war keine Heilung möglich.
Die Infirmarien waren Zentren mittelalterlicher Naturheilkunde. Der Kräutergarten der klösterlichen Apotheke befand sich direkt am Krankenhaus. Über 250 Heilkräuter und Blumen wurden hier gepflanzt, die für Tinkturen und Arzneien und – als kleines Paradies – der Genesung dienen sollten.

7. Ort: Das Archiv - Klösterliche Geschäfte

11 Jahre - 11 Orte Tagestreppe/Archiv

Die Tagestreppe führte ursprünglich in das Dormitorium, den Schlafsaal der Mönche. Um 1400 wurde die Treppe zu einem Abwurfschacht umgebaut. Vom Schlafsaal aus konnten Abfälle direkt in den Wasserkanal geworfen werden, der unter dem Gebäude verlief.
Über die Treppe gelangte man aber auch zum Archiv des Klosters. Das Archiv war entscheidend für die klösterlichen Geschäfte. Weit über tausend bedeutende Schriftstücke sind überliefert – Urkunden, Verträge und Wertpapiere.

 

6. Ort: Das Parlatorium - Sprechzimmer des Priors

11 Jahre - 11 Orte Parlatorium

Der Benediktsregel folgend galt für die Zisterzienser grundsätzlich das Schweigegebot. Um gesprochene Worte zu vermeiden, entwickelten sie eine eigene Zeichensprache. Doch nicht alles ließ sich so „besprechen“.
An dieser Stelle befand sich eines der beiden Sprechzimmer des Klosters, das Parlatorium.  Die Mönche durften hier in begrenztem Rahmen laut miteinander sprechen. Es war das Sprechzimmer des Priors, der als Stellvertreter des Abtes in geistlichen Dingen den Mitbrüdern die Beichte abnahm. Zugleich verteilte er in knappen Worten die tägliche Arbeit.
 

5. Ort: Vom Kapitelsaal zum Kirchenraum

11 Jahre - 11 Orte Kapitelsaal

Zur Zeit der Mönche war dieser Raum der Kapitelsaal, der Versammlungsraum der Klostergemeinschaft, eine Art „Parlamentssaal“. Er war nach der Kirche der wichtigste Raum im Haus der Zisterzienser. Alle wichtigen klosterinternen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Entscheidungen wurden im Kapitelsaal von der Mönchsgemeinschaft getroffen.
Als 1570 die im Bauernkrieg beschädigte Klosterkirche nicht mehr genutzt werden konnte, wurde der Kapitelsaal für den inzwischen evangelischen Konvent zur Kirche umgewandelt.
 

4. Ort: Das Armarium - Geistliche Rüstkammer

11 Jahre - 11 Orte Armarium

Die „geistliche Rüstkammer“ der Mönche war das so genannte Armarium, das sich von dem lateinischen Wort arma – die Waffen – ableitet. Gemeint ist die Büchernische, die die Handbibliothek für die Lesungen im Kreuzgang aufnahm. Bei Bedarf konnten in einem Armarium auch zwei Büchernischen nebeneinander liegen, in Walkenried ist eine davon heute zugemauert. Außerhalb der festgelegten Lesezeiten waren die Armarien fest verschlossen – Bücher waren kostbares Gut.
 

3. Ort: Die Klosterkirche - Ein Pionierbau der Gotik

11 Jahre - 11 Orte Kirche

Bereits acht Jahre nach Gründung des Klosters wurde im Jahr 1137 die romanische Klosterkirche Walkenrieds geweiht. Es handelte sich um eine kreuzförmige dreischiffige Basilika mit einer Länge von 50 m. Nur 70 Jahre später, kurz vor 1209, wurde der gotische Nachfolgebau initiiert und zunächst durch Kaiser Otto IV. mitfinanziert. Die kreuzförmige dreischiffige Basilika wurde aus heimischem Dolomit in Quaderbauweise errichtet und hatte eine Länge von ca. 90 m. Nach fast 80 Jahren Bauzeit wurde die gotische Klosterkirche im Jahr 1290 geweiht.
Nachdem die Vierung der Kirche im Jahr 1525 im Zuge des Bauernkriegs beschädigt wurde, war der Kirchenbau dem Verfall preisgegeben. Das Langhaus wurde nur noch bis 1570 als Kirche genutzt. Nach der Säkularisierung des Klosters am Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde die Klosterkirche rund 150 Jahre als Steinbruch missbraucht. Erst die Wiederentdeckung der Gotik durch die Romantik zu Beginn des 19. Jahrhunderts stoppte endlich den Abbruch.

 

2. Ort: Der zweischiffige Lesegang - Markenzeichen des Klosters

11 Jahre - 11 Orte Lesegang

Der nördliche Kreuzgangflügel zeigt eine architektonische Besonderheit: Seine Gewölbe werden in der Mitte von Säulen getragen, die diesen Flügel in zwei „Schiffe“ unterteilen. Diese bauliche Rarität, geprägt durch den unverwechselbaren Hallencharakter, ist seit jeher das Markenzeichen des Klosters Walkenried.
Die Zisterzienser nannten diesen Kreuzgangflügel „Lesegang“. Auf beiden Seiten standen Holzbänke, auf denen die gesamte Mönchsgemeinschaft zu geistlichen Lesungen Platz nahm.

1. Ort: Der Kreuzgang - Hauptstraße des Klosters

11 Jahre - 11 Orte Kreuzgang

Zwölf Mönche und ein Abt errichteten an einem einsamen und unwirtlichen Ort am Südrand des Harzes im Jahr 1129 das Kloster Walkenried. Das Kloster wurde als irdische Vorstufe des Paradieses verstanden, in dem ein asketisches Leben in Demut, Keuschheit und persönlicher Besitzlosigkeit geführt wurde. Gleichzeitig waren Klöster mittelalterliche Wirtschaftsunternehmen, die sich finanziell selbst tragen und häufig die Verantwortung für mehrere hundert Menschen schultern mussten.
Der innere Klosterbereich – die Klausur – war ausschließlich den Ordensleuten vorbehalten. Er umfasste die Kirche, Versammlungs- und Arbeitsräume, Speise- und Schlafsäle. Das Herz eines jeden Klosters war der Kreuzgang. Er besaß verschiedene sakrale und praktische Funktionen und bildete die „Hauptstraße“ eines Klosters. Als überdachte Wegearchitektur, die einen offenen Innenhof umschloss, verband er alle wichtigen Räumlichkeiten der Klausur mit einander.

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